Dokumentationsstätte KZ Hersbruck
HäftlingsschicksaleHäftlingsschicksale
CAILLÉ, Roger
Geb. 26.Dezember 1923
Gest. 28.Juli 2008
“ […] [I]ch habe einen Finger unter die Lore gelegt, und mir den Finger zerquetschen lassen. Auf diese Weise war die Arbeit für mich zu Ende […].”
Zeitstrahl
Erste Lebensphase 1923-1943
Der Franzose Roger Caillé war gelernte Bäcker. Er weigerte sich 1943 zur Zwangsarbeit nach Deutschland zu gehen. Aus diesem Grund tauchte er in der Region Tarn unter, wo er sich einer Résistance-Gruppe anschloss.
Zweite Lebensphase 1944-1945 – Verhaftung, KZ Auschwitz und KZ Flossenbürg
Am 1.März 1944 wurden Caillé und weitere Partisanen seiner Gruppe von der Gestapo verhaftet, als diese gerade dabei waren, auf einem Bauernhof Rinder für ihre Verpflegung zu schlachten. Die Gruppe der Partisanen wurde in das Gefängnis von Toulouse gebracht. Dort wurde Caillé gezwungen, sich selbst zu beschuldigen, woraufhin er in das Polizeihaftlager von Compiègne.
Von dort aus wurde Caillé am 27. April 1944 zusammen mit 1.700 anderen Gefangenen nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Die Fahrt dauerte insgesamt vier Tage und drei Nächte, auf welcher es weder zu essen noch zu trinken gab. Kurz darauf wurden sie über das KZ Buchenwald in das KZ Flossenbürg überstellt. Nach dreiwöchiger Quarantäne in Flossenbürg kamen er und seine Gruppe mit einem Häftlingstransport am 15. Juni 1944 in das Arbeitslager Hersbruck.
Zweite Lebensphase 1944-1945 – Konzentrationslager Hersbruck
In Hersbruck angekommen, wurden die Häftlinge zuerst in einem provisorischen Lager in Happurg untergebracht. Caillé arbeitete dort beim Bahnbau und ab Juli im Stollenbau.
Die Haft- und Arbeitsbedingungen wurden im Winter immer schlechter. Im März 1945 war Caillé mit seinen Kräften am Ende. Aus Verzweiflung legte er einen Finger unter die Räder eines Förderwagens. Im Krankenrevier wurde ihm der Finger amputiert. Danach wurde er als arbeitsunfähig eingestuft. Caillé infiziert sich im Schonungsblock mit Typhus. Mitte April 1945 wird das Lager evakuiert. Caillé wurde mit anderen Kranken in offenen Kohlewaggons nach Dachau transportiert.
„[…] [I]n Dachau bekam ich Rippenfellentzündung und Ruhr. Es war höchste Zeit, ich wog nur noch 35 Kilo.“
Dritte Lebensphase 1945-2008
1946 kehrte Caillé nach Frankreich zurück. Er arbeitete in seinem Beruf als Bäcker. 1952 heiratete er und wurde Vater von fünf Kindern.
30 Jahre nach der Befreiung besuchte er zum ersten Mal wieder die Orte, an welchen er unendliches Leid erfahren musste. Caillé war viele Jahre Mitglied der „Associati-on des Déportés et Familles des Disparus du Camp de Concentration de Flossenbürg et Commandos“.
Er nahm an den jährlichen Pilgerreisen dieser Organisation zu den verschiedenen Orten der Erinnerung teil und kam dadurch immer wieder nach Hersbruck. 2007 begleitete ihn einer seiner Enkel.
Quellen- und Literaturverzeichnis CAILLÉ; Roger
Sekundärliteratur
Schön, Peter: Häftlingsbuch. KZ Hersbruck. Hg. v. Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V. Hersbruck: 2019.
Internetquellen
Dokumentationsstätte Konzentrationslager Hersbruck e.V.: Geschichtliches. KZ Hersbruck. Die Opfer. Roger Caillé.
URL: https://www.kz-hersbruck-info.de/die-opfer/caille-roger/ [25.02.2022].
KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Stiftung bayerische Gedenkstätten. Geschichte – Häftlinge. Roger Caillé.
URL https://www.gedenkstaette-flossenbuerg.de/de/geschichte/haeftlinge/roger-caille [25.02.2022].
Bildquellen
Archiv Dokumentationsstätte Konzentrationslager Hersbruck e.V. Häftlingsschicksale. Roger Caillé.
KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Stiftung bayerische Gedenkstätten. Geschichte – Häftlinge. Roger Caillé. URL https://www.gedenkstaette-flossenbuerg.de/de/geschichte/haeftlinge/roger-caille [25.02.2022].