Mit Kerzen erinnern 150 Menschen an die Opfer des Nationalsozialismus

HERSBRUCK (kp) — Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die verbliebenen fast 6000 Häftlinge des KZ Auschwitz-Birkenau. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Auch in Hersbruck erinnern seit vielen Jahren die Kirchen und der Dokumentationsverein KZ Hersbruck an die hier gequälten und umgekommenen Gefangenen.

Im Mittelpunkt des ökumenischen Gottesdienstes in der voll besetzten Spitalkirche standen dieses Mal die Tagebucheinträge von Jochen Klepper. Der Journalist und Schriftsteller ist einer der bedeutendsten Dichter geistlicher Lieder des 20. Jahrhunderts, fiel aber während des Naziregimes wegen der Ehe mit der Jüdin Johanna Stein in Ungnade. Er nahm sich mit seiner Familie am 11. Dezember 1942 das Leben, nachdem seiner Frau und der jüngsten Tochter die Deportation drohte.

Begleitet von Ruth Barkowski an der Orgel, lasen Dekan Dr. Werner Thiessen und Mitglieder der Evangelischen Jugend Passagen aus Jochen Kleppers Tagebuch vor – und ließen dadurch das ständige Auf und Ab seines Hoffens greifbar werden.
Untermalt wurde die eindrückliche Schilderung durch den Kammerchor Neunkirchen/Sand mit dem 1937 von Klepper getexteten Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“. Thomas Wrensch hatte in seiner Begrüßung die Frage gestellt, was das Erinnern für uns heute bedeuten kann. „Wir sollten auf die hören, die noch leben“, sagte er. Anschließend zogen rund 150 Frauen, Männer und Jugendliche schweigend und mit Kerzen in den Händen die Amberger Straße entlang — den täglichen Weg der Häftlinge von der Zwangsarbeit in dem Doggerstollen und zurück ins KZ — zur Bocchetta-Skulptur „Ohne Namen“ am Rosengarten.
Vor dem gemeinsam gesungenen Lied „Dona nobis pacem“ („Gib uns Frieden“) trug Wrensch die von ihm übersetzte Rede von Vittore Bocchetta vor, die der italienische Künstler im Oktober bei der Vernissage seiner Bilderausstellung im Finanzamt Hersbruck gehalten hatte. „In einer abgelegenen Ecke des Rosengartens steht heute ein gespenstischer Geist aus Bronze. Der Geist der Seelen, die einst in Rauchschwaden aufgingen“, heißt es darin. „Und ich bin da und erinnere an sie.“